Gemeinsame Aufgaben von Volk und Wissenschaft in einer zukunftsfähigen Gesellschaft

Gemeinsame Aufgaben von Volk und Wissenschaft in einer zukunftsfähigen Gesellschaft

Millionen Menschen erfüllen ihre Pflicht in der Familie, im Staat und in der Wirtschaft. Durch ihre Arbeit mehren sie den gesellschaftlichen Reichtum, sie engagieren sich für Gerechtigkeit und Solidarität, für Frieden und Umweltschutz, sie fühlen sich verantwortlich für ihr Land und pflegen das Erbe ihrer Vorfahren. Das alles wird zunehmend bedroht durch das marktradikale Wirtschaftssystem, durch neofeudale und klerikale Machtansprüche, durch überholte Theorien und durch Lügen und Betrug. Der Menschheit droht ein Crash der Finanzmärkte und eine Weltwirtschaftskrise, knappe Ressourcen werden verschwendet für den Kampf um die Vorherrschaft und für Aufrüstung, es wird ein neuer Weltkrieg vorbereitet. Viele Menschen erkennen, dass ein guter Wille allein nicht ausreicht, um Gutes zu erreichen, sie treten auch dafür ein, dass ihre Arbeit und ihr Engagement zu den gewollten Resultaten führen und nicht missbraucht werden.

Die Wissenschaft hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Programme erarbeitet mit dem Ziel, das Leben der Menschen zu verbessern und globale Probleme zu lösen. Sie kann sich aber nicht durchsetzen gegen Bündnisse aus Finanzaristokraten, Oligarchen, Stammesadel, mittelalterlichen Klerus, Bürokraten, neoliberalen Parteien, gleichgeschalteten Medien und postmodernen Linken. Die Privilegien der Macht und ökonomische Zwänge verhindern die Vernunft, die Märkte regulieren die Politik, die Willkür der Macht wird über das Recht gestellt, das Geld steuert das Zusammenleben. Unter diesen Verhältnissen können viele Programme der ökonomischen, sozialen und ökologischen Entwicklung nicht umgesetzt werden.

Das Volk und die Wissenschaft müssen gemeinsam aus ihren Niederlagen lernen: Pflichterfüllung und Engagement braucht wissenschaftlich durchdachte Strategien – und wissenschaftliche Vernunft kann sich nicht durchsetzen ohne politische und ökonomische Macht. Die Proteste gegen die Zustände bleiben folgenlos, wenn es keine Alternativen gibt – und die Programme für nachhaltige Entwicklung müssen unterstützt werden durch Volksbewegungen. Das Volk und die Wissenschaft müssen sich verbünden und die neu entstandenen Möglichkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung nutzen. Vor allem geht es um folgendes:

Die Teilung der Gesellschaft in Klassen, in Eigentümer und Besitzlose und in Herrscher und Beherrschte und die Trennung von geistiger und körperlicher Arbeit waren in der Vergangenheit eine notwendige Bedingung für gesellschaftlichen Fortschritt. Nur ökonomisch unabhängige Eliten konnten die Wissenschaft und die Kunst fördern und die Produktivkräfte entwickeln; nur Herrscher konnten Recht und Gesetz durchsetzen und für Sicherheit sorgen. Diese Epoche der Menschheitsgeschichte geht zu Ende. Die wissenschaftlich-technische Revolution erhöht das Bildungsniveau des Volkes, Befehlsempfänger verwandeln sich in Verantwortungsträger, das kapitalistische Lohnverhältnis löst sich auf. Die Institutionen der Klassengesellschaft, vor allem die Parteien, die Medien und die Kirchen verlieren ihre Macht über das Volk. Die Informatik schafft neue Möglichkeiten für Information, Kommunikation und Organisation. Die Menschen befriedigen zunehmend ihre Bedürfnisse außerhalb der Marktwirtschaft, es entsteht eine gemeinwohlorientierte Ökonomie. Die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Denken, zu Kreativität und Unternehmertum sind nicht mehr das Privileg von Eliten, es wächst die Bereitschaft der Menschen im eigenen Auftrag Verantwortung zu übernehmen. Es entstehen in der Gesellschaft und in der Ökonomie immer mehr Gemeinschaften gleichberechtigter und selbstbestimmt handelnder Menschen (Vereine, Genossenschaften), die im Wettbewerb stehen mit den Institutionen der Klassengesellschaft; Demokratie, Nachhaltigkeit und Wissenschaftlichkeit werden gestärkt und vereint, die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für ein politisches Bündnis von Volk und Wissenschaft werden gestärkt. Und wie schon oft in der Geschichte gerät die neue Selbständigkeit ehemaliger Knechte in Widerspruch zu alten Abhängigkeiten. Auch dieser Konflikt wird zu historischen Umwälzungen führen, wie im antiken Athen oder in der Renaissance, wenn sich die Wissenschaft mit den progressiven Kräften verbündet. Das ist diesmal keine neue Klasse, sondern das emanzipierte und rebellische Volk, diesmal ist keine neue Klassenherrschaft notwendig, es entwickelt sich die Chance für eine egalitäre Bürgergesellschaft.

In der egalitären Bürgergesellschaft ist der unmittelbar mit dem Leben verbundene und selbstbestimmt handelnde Mensch auch das Subjekt des wissenschaftlichen Denkens. Der geistige Souverän sieht wie in einem Spiegel sein Ich und die für ihn relevanten Teile der Welt, die Selbstveränderung des Ich und die Veränderung der Umstände bilden eine Einheit. Er sieht aber auch die Welt als Ganzes und die Vielfalt von Möglichkeiten und Interessen. Das Volk und die Wissenschaft denken historisch, sie übernehmen das geistige Erbe der Aufklärung und befreien es vom Missbrauch durch nicht legitimierte Macht.

Das Bündnis von Volk und Wissenschaft verändert die Sicht auf die Menschen. Wenn außenstehende Beobachter die Gesellschaft analysieren, dann erscheint die Subjektivität der Akteure vor Ort als objektiver Gegenstand, als Sache. Wenn aber die Akteure vor Ort eigenständig wissenschaftlich denken, dann erscheint ihre Subjektivität als ein Selbst, das sich selbst schafft, selbst verändert und selbst verwirklicht und sein Verhältnis zur Außenwelt selbst regelt. Die Wissenschaft muss den Standpunkt der handelnden Menschen einnehmen, einseitig objektives und einseitig subjektives Denken ist zu überwinden. Außerdem muss sie die Welt so sehen wie sie ist und wie sie sein könnte, die Analyse des Vorhandenen muss Grundlage sein für Innovationen. Das Denken muss also dualistisch sein im doppelten Sinne: objektiv und subjektiv, analytisch und kreativ.

Auch in der Politik ist neues Denken notwendig. Die etablierten Parteien und Institutionen agieren aber immer noch als Teil der Klassengesellschaft, sie vertreten die Interessen von Klassen, Eliten und Gruppen und stellen Sonderinteressen über die allgemeinen Interessen des Volkes, sie sind nicht in der Lage, den Wandel in der Gesellschaft, in der Ökonomie und im Denken zu organisieren. Die Teilung der Gesellschaft in Interessengruppen führt außerdem zur Spaltung der Parteien, es wird immer schwerer, das Land auf alte Weise zu regieren, es wächst die Gefahr diktatorischer Lösungen. Von den Institutionen der Klassengesellschaft ist keine Selbstveränderung zu erwarten, jetzt stehen das Volk und die Wissenschaft vor der Aufgabe, die Demokratie, den Nationalstaat und die Republik zu verteidigen und an die neuen Bedingungen anzupassen und zugleich zeitgemäße Formen demokratischer Machtausübung zu entwickeln.

In der Geschichte entstanden verschiedene Identitäten die oft gleichzeitig verwirklicht werden: Familie, Stamm, Kommune, Region, Nation, Ethnie, Religion, Sexualität, Dynastie, Zunft, Berufsgruppe, Unternehmen u.a. Dieses Erbe ist zu respektieren und es ist die Frage zu beantworten, auf welcher Ebene die Probleme am erfolgreichsten gelöst werden. Für eine lange Zeit noch tragen die Nationen eine besondere Verantwortung. Nur eine gemeinsame Sprache und Kultur ermöglichen das gegenseitige Verstehen aller Teile des Volkes, nur in Nationen können das Erfahrungswissen des Volkes und wissenschaftliches Denken zusammenfinden, die Wissenschaft muss oft zusammenarbeiten mit Menschen, die seit Generationen in einem Territorium leben. Die Wissenschaft agiert am erfolgreichsten, wenn ihre Ideen von den Akteuren vor Ort angenommen werden, dauerhaft in das Leben des Volkes eingehen und sich zum Merkmal der Nation entwickeln. Das Volk und die Wissenschaft müssen deshalb die nationale Identität der Völker und ihr Recht auf Selbstbestimmung verteidigen. Zugleich ist zu berücksichtigen, dass die Völker Europas auch gemeinsame Merkmale besitzen und ein gemeinsames Erbe – Antike, Christentum, Humanismus, Aufklärung, sozialistische Arbeiterbewegung und demokratische Bürgerbewegungen. Diese europäische Identität ist in besonderer Weise zukunftsfähig und gehört zum Erbe der ganzen Menschheit. Und schließlich wird die Wirtschaft zunehmend global organisiert durch Konzerne, Banken, Netzwerke und Fonds. Die hier tätigen Menschen tragen eine große Verantwortung für die Zukunft der Menschheit und es entsteht eine multinationale Identität. Die Internationalität muss aber nicht mit Notwendigkeit die Nationen zerstören, das Neue kann auch das Vorhandene ergänzen, der Fortschritt ist auch möglich ohne Trümmer und Leichenberge zu hinterlassen, das Prinzip „zerstören und herrschen“ muss ersetzten durch das Prinzip „bewahren, verbessern, bereichern.“

Systemwandel in der Ökonomie

In der Vergangenheit wurden zahlreiche nationale und internationale Programme entwickelt für die Beseitigung der Armut und für den Umweltschutz, aber nur wenige wurden vollständig umgesetzt, sie scheiterten meistens an den ökonomischen Verhältnissen. Es ist offensichtlich unmöglich, soziale und ökologische Grundsätze zu verwirklichen, ohne Einfluss zu nehmen auf die Ökonomie.

Die Gräben zwischen arm und reich werden immer tiefer und die Ausgrenzung von Menschen aus der kapitalistischen Lohnarbeit kann durch staatliche Sozialsysteme nicht mehr ausgeglichen werden. Es zeigt sich, dass Gerechtigkeit und soziale Sicherheit nicht allein durch Umverteilung und Wohltätigkeit außerhalb der Ökonomie erreicht werden kann – die Sozialpolitik muss vorwiegend in der Ökonomie stattfinden, innerhalb der Arbeitswelten und in den Systemen der Kooperation.

Die Digitalisierung der Ökonomie führt zur Digitalisierung der Gesellschaft und des Lebens der Menschen, die Dominanz der Ökonomie wächst und die Demokratie steht an einem Wendepunkt: das Volk bleibt oder wird nur dann der Souverän der Politik, wenn es auch der Souverän der Ökonomie ist. Die Ökonomie ist so zu gestalten, dass die Völker nicht nur als Arbeitskraft an der Arbeitsteilung teilnehmen, sondern auch als Mitgestalter und Eigentümer.

Die Ökonomie könnte zu mehr Demokratie und Nachhaltigkeit führen, wenn die bereits entstandene Strukturen und Unternehmensformen dafür genutzt werden. Dazu gehören vor allem: Multinationale Wirtschaftseinheiten und soziale Netzwerke organisieren die globale Arbeitsteilung und den Welthandel, sie verbreiten Informationen und neue Ideen; private Unternehmen überwinden den Mangel an Gütern und Leistungen, sie beschäftigen Menschen und erzielen Gewinne; Genossenschaften organisieren die Zusammenarbeit gleichberechtigter Partner; Sozialunternehmen verwirklichen ethische Ziele; die Kulturindustrie entwickelt und nutzt kreative Potentiale; staatliche Unternehmen erwirtschaften die Mittel für politische, soziale und kulturelle Aufgaben; es gibt regionale Wirtschaftskreisläufe; Kommunen betreiben Unternehmen für die öffentlichen Daseinsvorsorge; es entstehen Gemeinschaften der gegenseitigen Hilfe und der Selbstversorgung; auch die Familienarbeit schafft zunehmend gesellschaftlichen Reichtum. Diese Vielfalt nützlicher Arbeit ist zu fördern und zu vereinen in Gesamtsystemen der Ökonomie.

Der Kapitalismus kann nicht willkürlich überwunden werde, er muss ergänzt werden durch eine gemeinwohlorientierte Ökonomie. Notwendig ist es aber, die zerstörerische Herrschaft der Finanzaristokratie zu ersetzen durch die Macht emanzipierter und schöpferischer Akteure aus allen gesellschaftlichen Gruppen, es sind vielfältige Formen der Wirtschaftsdemokratie zu entwickeln.

Damit die Ökonomie ihre Verantwortung verwirklichen kann, sind ihre theoretischen Grundlagen zu erweitern. Die Wirtschaft strebt nicht nur nach Überwindung eines Mangels oder nach Profit, es gibt größere Zusammenhänge: die Ökonomie ist zu gestalten als Reproduktion – als „bewahren, verbessern, bereichern“ – des Lebens, des Denkens und des gesellschaftlichen Reichtums. Die Wirtschaftswissenschaften sind zu verknüpfen mit den Naturwissenschaften und der Soziologie.

Der Systemwandel in der Ökonomie muss die unterschiedlichen Institutionen bzw. Ebenen wirtschaftlicher Tätigkeit berücksichtigen. Die hier vorhandenen Möglichkeiten für Nachhaltigkeit und Demokratie sind zu nutzen. Hier findet auch die Verknüpfung statt von Ökonomie und Politik. Diese Institutionen sind vor allem:

Demokratische Nationalstaaten

Die Nationalstaaten sind historisch nicht überholt, es gibt auch in der globalisierten Welt nationale Interessen. Außerdem bleiben die historisch entstandenen Funktionen der Staaten erhalten: Die Verfassungen, die Parlamente und der Sozialstaat sind unersetzbare Elemente der Demokratie, die Nationalstaaten sind die Subjekte des Völkerrechts, der Menschenrechtserklärung und internationaler Verträge. Sie formieren und gliedern die Gesellschaft und sie verwalten einen großen Teil des gesellschaftlichen Reichtums der Völker. Sie verkörpern die Geschichte des Landes und bewahren die Identität der Völker; sie sichern die Einheit der Gesellschaft und sorgen für soziale Gerechtigkeit, sie schaffen wesentliche Rahmenbedingungen für die Ökonomie. Die Rechtsstaaten gehen über aktuelle Interessen hinaus, indem sie historischen Erfahrungen und die Weisheit von Generationen berücksichtigen, sie verbinden die Interessen der heute Lebenden mit den Interessen der Vorfahren und der Ungeborenen. Die politischen Funktionen der Nationalstaaten sind Bedingung und Ziel der Ökonomie.

Im Jahr 2015 beschloss die Staatengemeinschaft völkerrechtlich verbindliche Dokumente von großer Tragweite – die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und das Pariser Abkommen zum Klimaschutz. Noch nie in der Geschichte verpflichteten sich Staaten zu so universellen Aufgaben. Damit die Nationalstaaten ihre Verpflichtungen verwirklichen können, werden ihre Rechte gestärkt; jeder Staat soll die Souveränität über alle seine natürlichen und ökonomischen Ressourcen besitzen, der nationale Spielraum der Politik ist zu respektieren. Es wurde vereinbart, dass die Finanzindustrie, die Finanzsysteme und die Finanzströme auf die Verantwortung der Staaten auszurichten sind – die Interessen der Nationen sind über die Interessen des Finanzkapitals zu stellen, der Missbrauch ökonomischer und finanzieller Macht ist zu verhindern. Wer jetzt das Ende der Nationalstaaten verkündet, der bedroht die Existenz der Menschheit.

Multinationale Wirtschaftseinheiten

Die Weltwirtschaft braucht keine Weltregierung und keine Superstaaten, die globale Arbeitsteilung wird organisiert von 6000 Konzernen, Banken und Netzwerken, etwa 200 gelten als Globalplayer, sie sind weltweit tätig.

Viele multinationale Wirtschaftseinheiten werden organisiert wie Staaten: Sie verwirklichen eine Gründungsidee, die das Handeln der Mitarbeiter bestimmt. Sie setzen im Inneren eigenes Recht ein. Multinationale Wirtschaftseinheiten organisieren einen internen Wettbewerb und interne Märkte und haben eigene Finanzsysteme. Die Konzerne und Banken verfügen über ein umfangreiches technisches und ökonomisches Wissen, sie verwalten einen großen Teil des gesellschaftlichen Reichtums vieler Nationen. Sie werden geleitet durch ein Parlament (Vollversammlung der Aktionäre), ein Kontrollorgan (Aufsichtsrat) und eine Regierung (Vorstand). Viele Beschäftigte verfügen über eine hohe Bildung und übernehmen immer mehr Verantwortung; sie sind in der Lage, ihr Handeln realistisch einzuschätzen und vernünftig zu entscheiden. Es sind alle objektiven und subjektiven Voraussetzungen gegeben, den multinationalen Wirtschaftseinheiten eine demokratische Verfassung zu geben, ihre Rechte und Pflichten in Verträgen zu vereinbaren, sie an der Lösung globaler Herausforderungen zu beteiligen und die Vorherrschaft der Finanzaristokratie zu beenden.

Die multinationalen Wirtschaftseinheiten entwickeln zukunftsfähige Strukturen und Rechtsformen. Viele Konzernen agieren als Netzwerke: Personen schließen sich zusammen um gemeinsame Ziele zu erreichen, je nach Kompetenz übernehmen sie Führungsaufgaben. Die Netzwerke vereinen eine große Zahl juristisch und ökonomisch selbständiger Unternehmen, die Vorteile kleiner und flexibler Einheiten werden verbunden mit den Vorteilen der Kooperation. Die vereinigten Unternehmen besitzen verschiedene Rechtsformen und die Finanzen kommen aus unterschiedlichen Quellen; die Verflechtung von Personen und von Kapital sind nicht identisch, das Eigentum und die Verwendungsrechte werden vertraglich getrennt, der Gewinn gehört den Eigentümern des Kapitals, wird aber verwendet durch die Obergesellschaft gemäß vertraglich vereinbarter Ziele, die auch politisch begründet sein können. Die Preisbildung ändert sich. Nicht mehr das Verhältnis von Angebot und Nachfrage entscheidet, sondern der Aufwand für Innovationen. Der ist objektiv gegeben, die Preise müssen den Aufwand refinanzieren, sie werden festgelegt und mit politischen Mitteln realisiert, Planung ersetzt immer mehr die Spontanität der Märkte. Mehr Planung ist auch möglich, wenn die Netzwerke die Kunden einbeziehen. Das alles geht über den traditionellen Kapitalismus und das bürgerliche Recht hinaus, es entstehen neue Möglichkeiten zur Demokratisierung der Ökonomie.

Die multinationalen Wirtschaftseinheiten werden von vielen Kritikern des Kapitalismus als Feinde der Menschheit betrachtet, manche wollen ihre Zerschlagung und die Rückkehr zum Kapitalismus der freien Konkurrenz. Das ist der falsche Weg. Die Konzentration ökonomischer Potentiale und die Globalisierung ist ein Segen für die Menschheit, wenn der Machtmissbrauch beendet wird. Es kommt nicht darauf an, die multinationalen Wirtschaftseinheiten zu zerstören, wer etwas ändern will, der muss lernen sie demokratisch zu führen.

Demokratische Bürgergesellschaft 

Die Akteure der demokratischen Bürgergesellschaft entwickeln und erproben nachhaltige und demokratische Formen der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens. Das sind Manager und Unternehmer, die ethisch entscheiden und sich trotzdem am Markt behaupten. Wissenschaftler entwickeln zukunftsfähige Strategien; Schriftsteller und Redakteure verbreiten neue Ideen und Erfahrungen. Als Sozialunternehmer investieren sie die Gewinne, statt sich zu bereichern; als Investoren legen sie ihr Geld nach ethischen Grundsätzen an; als Konsumenten achten sie auf die Arbeitsbedingungen der Produzenten. Sie wissen, wie man die Natur nutzt, ohne sie zu zerstören und sie konstruieren Technik, die das Klima nicht belastet. Zur demokratischen Bürgergesellschaft gehören auch die Ausgegrenzten, die zurückfinden in die Gesellschaft und die Armen, die ihr Schicksal nicht annehmen. Dazu gehören junge Menschen, die um eine Perspektive kämpfen und Mitarbeiter in Unternehmen, die sich gegen Ausbeutung wehren. In demokratisch verfassten Gemeinschaften werden Formen des gleichberechtigten Zusammenlebens erprobt. Die hier lebenden Menschen beteiligen sich nicht am Siegen und Verlieren, an dieser Geschichte nehmen sie nicht Teil, der kapitalistische Konkurrenzkampf wird ersetzt durch solidarischen Wettbewerb. Hier wird das Leben verbessert durch Solidarität: Besitztümer teilen, Güter gemeinsam nutzen, Tauschen statt Kaufen, Energie sparen, die Eigenversorgung erhöhen, sich gegenseitig helfen, Wissen und Ideen kostenlos austauschen. Und sie werden noch mehr leisten, wenn jeder, der so leben will, auch die Chance dazu erhält.

Die demokratische Bürgergesellschaft wird lange Zeit mit der bürgerlichen Gesellschaft koexistieren, die Grenzen sind fließend. Die Akteure beider Systeme formieren gemeinsam das Volk und die Nation; sie beachten die gleichen staatlichen Gesetze, sie wählen die gleichen Volksvertreter, sie haben eine gemeinsame Geschichte und sprechen die gleichen Sprachen, sie begegnen sich auf den gleichen Märkten und benutzten das gleiche Geld. Sie leben zusammen in Familien, Gemeinschaften und Kommunen und verfolgen gemeinsame Ziele. Die Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft werden gemeinsam verteidigt. Die demokratische Bürgergesellschaft übernimmt fortschrittliche Eigenschaften, die das Bürgertum hervorgebracht hat: Unternehmertum, Verantwortung und Sparsamkeit.

Die demokratische Bürgergesellschaft trägt zunehmend Verantwortung für die Verwirklichung nachhaltiger Ziele. Sie berücksichtigt die Erfahrung, dass viele Regierungen beeinflusst werden durch reaktionäre Eliten; ihre Macht wird begrenzt durch die Eigentums- und Machtverhältnisse in der Ökonomie, durch Ansprüche mächtiger Staaten auf Hegemonie, durch überholte Privilegien, Traditionen und Strukturen und durch die Unwissenheit und Gleichgültigkeit großer Teile des Volkes. Die demokratische Bürgergesellschaft ist politisch, ökonomisch und finanziell zu befähigen, eigene Beiträge zur Lösung der globalen Probleme zu erbringen und den fortschrittlichen Regierungen zu helfen. Sie können aber die Staaten nicht ersetzen und sollten auf Bündnisse verzichten mit anti-nationalen Kräften.

Kooperation der Institutionen

Die Institutionen des 21. Jahrhunderts können ihre Aufgaben nur realisieren, wenn sie kooperieren. Dazu einige Vorschläge:

– Jede Institution erkennt die selbständige Existenz und die legitimen Interessen der anderen an. Die Pflicht zur Zusammenarbeit, die Bedingungen und Regeln werden im Völkerrecht festgelegt.

– Es werden gemeinsame Entscheidungsstrukturen aufgebaut um Gefahren abzuwenden, Konflikte zu lösen, Informationen auszutauschen, die Öffentlichkeit zu mobilisieren und langfristige Aufgaben zur Verbesserung des Lebens zu verwirklichen.

– Die Ressourcen werden gerecht und vernünftig verteilt. Der Reichtum der Menschheit darf von keinem allein beansprucht werden; jeder trägt dazu bei, es zu bewahren, zu nutzen und zu bereichern. Niemand hat das Recht, durch Spekulation, Ausbeutung oder Migration die Völker zu enteignen.

– Die historisch entstandenen Arbeits- und Lebenswelten werden bewahrt und verbessert.

– Das private Eigentum an Finanzen, Land, Produktionsmittel, Energiequellen und Rohstoffen wird begrenzt, es werden Obergrenzen festgelegt für Renditen, Boni und Einkommen; es wird dafür gesorgt, dass die Verfügung über Ressourcen verbunden wird mit Verantwortung und Kompetenz.

– Die Völker werden befreit von rückständigen Strukturen und anti-demokratischen Traditionen, von ungerechten Privilegien und überholten Machtverhältnissen. Aber nicht mit Gewalt, die Traditionen und realen Machtverhältnisse sind zu beachten, der Wille von Mehrheiten ist zu respektieren, die Destabilisierung von Staaten ist zu verhindern.

– Die internationale Arbeitsteilung und der Welthandel werden zum Vorteil aller organisiert.

– Die ganze Gesellschaft und die internationale Gemeinschaft unterstützen das nachhaltige Handeln von Unternehmen, multinationalen Wirtschaftseinheiten und Netzwerken, es wird gemeinsam verhindert, dass durch den Bankrott von Unternehmen gesellschaftlicher Reichtum vernichtet wird.

-Alle Wirtschaftseinheiten verbessern die Rahmenbedingungen für das Handeln der Nationalstaaten durch die Erzeugung gesellschaftlichen Reichtums und den Aufbau der Infrastruktur; das Bildungsniveau des Volkes wird erhöht, Finanzen werden bereitgestellt, Maßnahmen zur Profitmaximierung auf Kosten der Staaten und Regionen wie Raubbau, Ausbeutung und Spekulationen werden beendet.

-Alle Institutionen beteiligen sich an der Organisation gesellschaftlich nützlicher Arbeit, auch außerhalb der Kapitalverwertung.

– Zur Verwirklichung globaler Ziele der Daseinsvorsorge werden multinationale Unternehmen gegründet mit den Merkmalen der demokratischen Bürgergesellschaft.

 –  Die Selbstverpflichtung von multinationalen Wirtschaftseinheiten für die Umsetzung internationaler Verträge wird ergänzt durch verbindliche Vereinbarungen.

– Die multinationalen Wirtschaftseinheiten geben sich eine demokratische Verfassung; als Institutionen der Gewaltenteilung gelten die Versammlungen der Eigentümer, der Mitarbeiter, der Kooperationspartner und der Standorte, dazu der Aufsichtsrat und der Vorstand.

– Der Rat der Europäischen Zentralbank und die Vorstände der nationalen Zentralbanken werden vom Volk direkt gewählt.

–  Die Institutionen bekämpfen gemeinsam Dogmatismus und Unwissenheit und den Missbrauch von Religionen, sie fördern Wissenschaft und Bildung. Die Herausbildung emanzipierter und schöpferischer Mehrheiten und das Bündnis von Volk und Wissenschaft wird von allen Institutionen gefördert.